pn-Übergang
Der pn-Übergang beschreibt die Grenzfläche (Grenzschicht) zwischen einer n-dotierten und einer p-dotierten Zone innerhalb eines monokristallinen Halbleiters.
Der pn-Übergang ist das Grundelement zahlreicher Halbleiter-Bauelemente wie beispielsweise
Diode, Sperrschicht Feldeffekt-Transistor (1 pn-Übergang)
bipolarer Transistor (2 pn-Übergänge)
Thyristor, Thyristordiode bzw. Vierschichtdiode (3 pn-Übergänge)
Triac, Zweirichtungs-Thyristordiode (4 pn-Übergänge)
Der pn-Übergang ohne äußere Spannung
Der ideale abrupte pn-Übergang
Beim idealen, abrupten pn-Übergang grenzt eine bis zur Grenzfläche homogen dotierte p-Zone an eine ebenfalls bis zur Grenzfläche homogen dotierte n-Zone.
Die Dotierung des Halbleiterkristalls ändert sich an der Grenzfläche sprunghaft.
Ladungsträgerdiffusion – Bildung einer Raumladungszone
Beiderseits des pn-Überganges liegen erheblich unterschiedliche Konzentrationen für jede der beiden entstehenden Arten freier Ladungsträger vor.
Als Folge des Konzentrationsunterschiedes und ihrer thermischen Bewegung diffundieren Elektronen vom n-Gebiet ins p-Gebiet und rekombinieren dort mit Löchern. Umgekehrt diffundieren Löcher aus dem p-Gebiet ins n-Gebiet und rekombinieren dort mit Elektronen. Nur freie Ladungsträger wandern; ortsfeste Ladungen bleiben zurück.
Auf der p-Seite reduziert sich die Anzahl der Löcher durch Abwandern und durch Rekombination mit eingewanderten Elektronen. Den ortsfesten negativen Raumladungen steht daher eine reduzierte Anzahl positiver Ladungen (Löcher) gegenüber. Die p-Zone hat sich damit negativ aufgeladen.
Auf der n-Seite reduziert sich die Anzahl der freien Elektronen durch Abwandern und durch Rekombination mit eingewanderten Löchern. Den ortsfesten positiven Raumladungen steht daher eine reduzierte Anzahl negativer Ladungen (Elektronen) gegenüber. Die n-Zone hat sich damit positiv aufgeladen.
Das dabei entstehende elektrische Feld wirkt einer weiteren Diffusion entgegen und verhindert einen vollständigen Konzentrationsausgleich. Es stellt sich ein Gleichgewicht ein zwischen dem Bestreben, dem Konzentrationsgefälle folgend über den pn-Übergang zu diffundieren, und der entgegenwirkenden Kraft des entstehenden elektrischen Feldes.
Die elektrisch nicht kompensierten ortsfesten Ladungen stoßen die Majoritätsträger der jeweils anderen Seite des pn-Übergangs ab. Diese werden vom pn-Übergang weggedrängt.
In der näheren Umgebung des pn-Übergangs tritt eine Zone (fast) ohne freie Ladungsträger auf (Verarmungszone). Dort finden sich nur die verbliebenen ortsfesten Raumladungen (Raumladungszone). In größerer Entfernung von der Grenzschicht bleiben die durch die Dotierung verursachten Ladungsträgerkonzentrationen erhalten.
Ladungsträgerdichte
Der Übergang der Majoritätsträger-Konzentration der einen Seite zur Minoritätsträger- Konzentration der anderen Seite erfolgt stetig in der Umgebung des pn-Übergangs.
Überall gilt das Massenwirkungsgesetz:
n0 ⋅ p0 = ni2
Ladungsträgerdichte (pro cm3) im logarithmischen Maßstab
Ladungsträgerdichte im linearen Maßstab
Raumladungsdichte
Die Raumladungsdichte hat beim abrupten pn-Übergang auf beiden Seiten des pn-Übergangs jeweils einen annähernd rechteckigen Verlauf.
Sie lässt sich daher mit folgenden Gleichungen angeben:
ρp ≈ – e ⋅ NA-
(Dichte der ortsfesten negativen Ladung in der p-Zone)
ρn ≈ e ⋅ ND+
(Dichte der ortsfesten positiven Ladung in der n-Zone)
Die beiden Raumladungen Qp und Qn sind betragsmäßig gleich groß.
Bei unterschiedlicher Raumladungsdichte auf den beiden Seiten des pn-Überganges (aufgrund unterschiedlicher Dotierungskonzentration) dehnen sie sich unterschiedlich weit aus (xp und xn).
xp ⋅ ρp = xn ⋅ ρn
Diffusionsspannung
Die Raumladungen rufen ein elektrisches Feld hervor. Durch Integration der Raumladungsdichte lässt sich der Feldstärkeverlauf berechnen:
Bei dem rechteckigen Verlauf der Raumladungsdichte ergibt sich ein dreieckförmiger Verlauf der Feldstärke.
Durch Integration der elektrischen Feldstärke lässt sich der Verlauf des elektrischen Potentials berechnen:
Die gegenseitige Aufladung von p- und n-Zone führt zu einer elektrischen Spannung zwischen den beiden Zonen. Man nennt diese Spannung die Diffusionsspannung UD.
Die Diffusionsspannung wirkt einem völligen Ausgleich der Ladungsträgerkonzentration durch den Diffusionsstrom entgegen. Daher nennt man sie auch Antidiffusionsspannung genannt.
Es stellt sich ein thermodynamisches Gleichgewicht zwischen
Diffusionsstrom
ID = A⋅ e ⋅Dn ⋅ dn / dx
und entgegengerichtetem Feldstrom
IF = A⋅ κ ⋅ E = A⋅ e ⋅ n ⋅μn ⋅ E
ein.
Durch Gleichsetzen der beiden Ströme (ID = – IF) und Integration der darin enthaltenen Feldstärke über die gesamte Raumladungszone erhält man die Diffusionsspannung:
Die Temperaturspannung UT ist ein Spannungs-Äquivalent für die mittlere Energie der Elektronen bei der Temperatur T. [Mittl. Elektronenenergie = e⋅UT = k⋅T]
Zahlenbeispiel:
Die Diffusionsspannung kann von außen nicht gemessen werden, da sich an den äußeren Kontakten ebenfalls Diffusionsspannungen einstellen, die der Diffusionsspannung am pn-Übergang entgegengerichtet sind. Die Summe aller Diffusionsspannungen ergibt 0.
Sperrschichtweite
Die Raumladungszone dehnt sich aus von xp bis xn. Diese Ausdehnung wird Sperrschichtweite WS genannt. Im spannungslosen Zustand beträgt die Sperrschichtweite:
bspw. Silizium:
Sperrschichtkapazität
n der Raumladungszone sind elektrische Ladungen enthalten daher kann der Raumladungszone eine Kapazität zugeordnet werden. In Anlehnung an einen Plattenkondensator wird die Größe der Kapazität angegeben als:
C = ε ⋅ A / d ⇒ CS = ε ⋅ A / WS
Mit der Sperrschichtweite WS0 ergibt sich eine auf die Sperrschichtfläche A bezogene Sperrschichtkapazität des spannungslosen pn-Übergangs von:
bspw. Silizium:
WS0 = 1,25 μm ⇒ cS0 = CS0/A ≈ 8,3 nF/cm2
Energiebänder-Modell des pn-Überganges
Für den pn-Übergang lässt sich ein Energiebänder-Schema zeichnen. Charakteristisch für den spannungslosen pn-Übergang ist, dass sich das Fermi-Niveau beiderseits der Grenzschicht auf gleiche Höhe einstellt (thermodynamisches Gleichgewicht).
Energiebänder-Schema des spannungslosen pn-Übergangs
Da sich die freien Elektronen im Leitungsband des n-Gebiets vorzugsweise in der Nähe der Leitbandkante aufhalten, können sie nicht ins energetisch höherliegende Leitungsband des p- Gebiets überwechseln.
Energieschwelle: ΔW = UD ⋅ e
Ähnliches gilt für die Löcher im Valenzband des p-Gebiets, die sich hauptsächlich an der Valenzbandkante aufhalten.
Der pn-Übergang mit äußerer Spannung
Sperrpolung
Legt man an den pn-Übergang eine äußere Spannung UR so an, dass der Minuspol am p- Gebiet, der Pluspol am n-Gebiet anschließt, so addiert sich die äußere Spannung zu der Diffusionsspannung am pn-Übergang:
Upn = UD + UR
(Index R: reverse voltage)
Das von der externen Spannung verursachte elektrische Feld übt Kräfte auf die beweglichen Ladungsträger im Halbleiter aus. Die Majoritätsträger werden von den jeweils angrenzenden Spannungspolen angezogen. Die Minoritätsträger werden von den angrenzenden Spannungspolen abgestoßen.
Verhalten der Majoritätsträger bei Sperrpolung
Die externe Spannung vergrößert die durch UD gebildete Potentialbarriere.
Es ist kein Strom von Majoritätsträgern über den pn-Übergang hinweg möglich.
Der pn-Übergang sperrt. ⇒ Sperrpolung
Die Majoritätsträger werden vom pn-Übergang weg nach außen gezogen. Hierdurch vergrößert sich die Raumladungszone.
Die Sperrschichtweite wächst mit der Sperrspannung:
(UR positiv einsetzen)
(cS0 = Kapazität des spannungslosen pn-Übergangs)
Verhalten der Minoritätsträger bei Sperrpolung
Die Minoritätsträger werden vom jeweils benachbarten Pol der äußeren Sperrspannung abgestoßen, vom jeweils entgegengesetzten Pol angezogen. Sie werden daher ins Kristallinnere in Richtung auf den pn-Übergang verschoben.
Für die Minoritätsträger stellen Diffusionsspannung und angelegte Sperrspannung keine Potentialbarriere sondern eine Beschleunigungsspannung dar.
In den Bereich der Raumladungszone geratene oder dort durch Paarbildung entstandene Minoritätsträger werden daher von dem dort herrschenden elektrischen Feld beschleunigt und durch den pn-Übergang hindurch bewegt.
Durch die Minoritätsträger wird daher ein kleiner Strom in Sperrrichtung (Sperrstrom) verursacht.
Da die Minoritätsträger durch das elektrische Feld in der Raumladungszone abgesaugt werden, aber nur wenige nachfließen, sinkt ihre Konzentration am Rand der Raumladungszone stark ab.
Die Minoritätsträgerdichten am Rande der Raumladungszone lassen sich nach folgenden Gleichungen angeben:
Für UR >> UT (z.B. UR > 0,5 . . 1V), also bereits für kleine Sperrspannungen, gehen diese Konzentrationen gegen 0.
np0, pn0 = Minoritätsträgerdichten ohne äußere Spannung
Konzentration der Ladungsträger bei Sperrpolung (logarithmischer Maßstab)
Quelle: Grundlagen der Elektronik von Prof. Stefan Goßner, Shaker-Verlag, Aachen (ISBN 978-3-8265-8825-9)